Es sind nicht immer nur Alten- und Pflegeheime die durch Pflegefehler auffällig werden. Nicht selten sind es auch Krankenhäuser und Reha-Kliniken die sich um Patienten nicht in gebotener Form und Qualität kümmern. Gerade Patienten die sich aufgrund ihres Krankheitsbildes nicht selbst zur Wehr setzen können sind hier in erster Linie und ganz dringend auf die Unterstützung der Angehörigen angewiesen. Niemand sollte wegen seiner Krankheit noch mehr „geschunden“ werden nur weil er nicht die Kraft hat „Stopp“ zu sagen und dem Pflegepersonal das aufmerksame Auge fehlt.
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Haarsträubende Pflegefehler in Reha-Klinik
Vor einiger Zeit erreichte mich eine E-Mail mit den erschütternden Schilderungen einer Familie in einer Reha-Klinik in der ihr Sohn (27) wegen zweier Hirninfarkte liegt. Weil das Sprachzentrum sehr stark betroffen ist kann sich der 27-jährige nicht mehr äußern, bekommt aber alles bei vollem Bewusstsein mit. Mit freundlicher Genehmigung der E-Mailschreiberin veröffentliche ich hier ein paar Ausschnitte zur Verdeutlichung wie Pflegefehler aussehen können ohne dass diese so ohne weiteres auffallen müssen.
In der Reha ist es mehr als ein mal vorgekommen, das meine Mutter oder mein Vater zur regulären Besuchszeit in sein Zimmer kamen, um ihn dann in unmöglichen Positionen verrenkt im Rollstuhl vorzufinden – sein Kopf ohne Halt seitlich samt Oberkörper vom Stuhl gerutscht, Kopf aufgeschlagen, so stark, dass er blutete. Finger in den Speichen eingeklemmt, blutend, fast bis auf die Knochen der Fingerkuppe aufgeschnitten.
Gerade Patienten mit Hirninfarkten (Schlaganfällen) sind besonders gefährdet und sollten unbedingt beaufsichtigt werden. An Sicherheitsmaßnahmen wurde hier offenbar nicht gedacht. Unverantwortlich besonders deswegen wenn Operationen am Schädel vorgenommen wurden und diese noch nicht lange zurücklagen.
….. er sitzt im Rollstuhl, meine Eltern wollen mit ihm an die frische Luft, stellen fest, dass er total unruhig ist, fahren wieder auf Station mit ihm, sagen den Schwestern, das etwas nicht stimmt und mein Bruder ins Bett muss.
…. da hat der Frühdienst wohl vergessen, das Fieberthermometer aus seinem Po zu entfernen und hat ihn dann auch noch darauf gesetzt, in den Rollstuhl gepackt und allein gelassen!Mein Bruder saß schätzungsweise 6 Stunden mit Fieberthermometer im Hintern im Rollstuhl. Und kann sich nicht bemerkbar machen!
Die Schwester zog das Thermometer und murmelte etwas wie:”Naja, ist ja nix passiert..”
Auch dies wieder ein sehr typischer Fall von Pflegefehler den besuchende Angehörige nicht zwangsläufig sofort oder gar überhaupt bemerken müssen.
Die Verzweiflung der Familie über diese und weitere Negativerlebnisse in der Reha-Klinik ist in der E-Mail sehr deutlich zu spüren. Das beschwichtigende Verhalten des Pflegepersonals mit Sätzen wie „Naja, ist ja nix passiert..” trägt zu dieser Verzweiflung, Angst und Verunsicherung in einem sehr hohem Maße bei. Die Frage nach Rat kann ich nur all zu gut verstehen.
In diesem Zusammenhang verweise ich auf die enorme Wichtigkeit einer Vorsorgevollmacht, ohne diese haben auch enge Angehörige ein schweres Los bei der Konfrontation mit der (Reha-)Klinik. Je früher eine solche Vollmacht abgeschlossen wird desto besser für den späteren Patienten.
Augen auf beim Besuch im Krankenhaus
Pflegefehler im Krankenhaus oder in einer Reha-Klinik gehören zwar auch nicht zum Standard und trotzdem passieren sie tagtäglich und bundesweit. Als Besucher im Krankenhaus braucht man nicht nur einen Blick für den Patienten sondern auch für das „Darumherum“. Manch ein Pflegefehler wird nicht auf Anhieb als solcher erkannt und auch gerne mal vom Klinikpersonal mit allen möglichen Ausreden „gerechtfertigt“ bzw. beschönigt (siehe obiges Beispiel).
Alle Ungereimtheiten die beim Besuch auffallen sollten sofort hinterfragt werden, möglichst unter Anwesenheit eines Zeugen der später zu benennen wäre. Man sollte sich auf keinen Fall mit „faulen Ausreden“ abfertigen lassen.
Pflegefehler sind Körperverletzungen und als solche zu ahnden
Sich auf „eigene Faust“ mit einem Krankenhaus auseinander zu setzen führt erfahrungsgemäß nicht zum Erfolg. Speziell wenn Ärzte involviert sind trifft der Spruch besser den je zu: „Eine Krähe hakt der anderen kein Auge aus“. Leider bewirken auch sehr oft sogenannte Beschwerdemanagements nichts weil es sich dabei um klinikeigene Abteilungen handelt. Ich glaube nicht, dass sich hier jemand so ohne weiteres auf die Seite der Patienten schlägt. Und von weiteren Beschwichtigungen hat man an diesem Punkt sowieso schon genug.
Körperverletzungen sind definitiv etwas für einen Rechtsanwalt. Hier wäre ein Fachanwalt für Arzthaftungsrecht / Patientenrechte die richtige Adresse. Die Hinzuziehung eines Anwaltes bedeutet zwar zu allem hinzu noch ein paar Nerven mehr. Doch es kann und darf nicht sein, dass Kliniken und Pflegeheime „damit durch kommen“, nicht in einem aktuellen Fall und auch nicht im Hinblick auf alle künftigen Patienten.
Es sollte hierbei nicht vordergründig um die Erlangung von Schmerzensgeldern gehen, das ist auch nicht Ziel meiner Empfehlung. Aber Pflegefehler – erst recht solche die zu weiteren Verletzungen oder Schäden führen (können) – sind absolut kein Kavaliersdelikt.
Kliniken sollen aus Fehlern lernen und diese auch eingestehen, leider tun sie dies nicht auf freundliches Bitten hin.