Auswahl eines Pflegeheims

Wenn der Fall eintritt und ein Angehöriger wirklich ins Pflegeheim muss weil zuhause die notwendige Versorgung nicht ermöglicht werden kann folgt der Schritt mit der Auswahl des Pflegeheims. Um diesen Schritt ist wirklich kein Betroffener zu beneiden. Letztendlich möchte man den Pflegebedürftigen – wenn er schon nicht zuhause bleiben kann – gut versorgt und untergebracht wissen.

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Der Faktor Zeit spielt hierbei eine ganz bedeutende Rolle bei der richtigen Heimauswahl. Plant man für die Zukunft, weil sich bspw. ein Krankheitsbild langsam in Richtung Pflegebedürftigkeit entwickelt verfügt man über die nötige Zeit Heime zu vergleichen, Informationen und auch Erfahrungen einzuholen. Nicht selten aber kann sich ein Krankheitsbild unerwartet und sehr rasant entwickeln – z.B. ein Schlaganfall –  das alles andere als vorhersehbar / planbar anzusehen ist.

Auswahl eines Pflegeheims – eine neue Situation für alle Beteiligten

Die Angehörigen stehen dann zunächst unter einem gewissen Schock, schließlich muss erst mal die neue Situation verarbeitet und in ihrem Umfang begriffen werden. Diesen Punkt sollte man nicht unterschätzen. Am besten beurteilen können dies ausschließlich Menschen die jemals in einer derartigen Lage gewesen sind.

Klinikaufenthalt und eine anschließende Reha-Maßnahme sind Zeitfaktoren die nicht durchgängig planbar sind was die Dauer und den Heilungserfolg betrifft. Zeichnet sich letztlich ab „nach Hause geht nicht mehr“, folgt der Punkt der Auswahl eines Pflegeheims. Und gerade dieser Schritt ist für sehr viele Angehörige völliges Neuland und somit mit einigen „Fallstricken“ versehen.

Auswahl eines Pflegeheim
© Gerd Altmann / pixelio.de

Oftmals lässt man sich durch Pflegenoten blenden die dem jeweiligen Heim „verliehen“ worden sind, entsprechende Webseiten mit Bewertungen von Pflegeheimen gibt es eine ganze Menge. Eine Seite mit Heimempfehlungen kann hier empfohlen werden – heimauszeichnungen.de – betrieben vom Pflege-Selbsthilfe-Verband e.V..

Auch Ratschläge und Erfahrungen aus dem Bekanntenkreis müssen nicht zwangsläufig eine besonders hilfreiche Aussagekraft besitzen – je nach dem wie alt diese Informationen und Erkenntnisse schon sind fehlt eine gewisse Relevanz.

Innerhalb eines Jahres kann sich in Pflegeheimen so einiges verändern, angefangen vom Personal bis hin zur Heimleitung oder gar des Trägers. Nicht immer, so muss man leider sagen, gehen diese Veränderungen in Pflegeheimen in eine positive Richtung.

Wo sollte mein Augenmerk bei der Auswahl eines Pflegeheims liegen?

Diese Punkte sollten Sie bedenken und bei einer Besichtigung eines Pflegeheims durchaus auch direkt ansprechen. Wer nichts zu verbergen hat wird sicher auch die teils unangenehmen Fragen beantworten wobei diese Freizügigkeit noch kein Garant für eine menschenwürdige Betreuung ist!

  1. In erster Linie sollte das Pflegeheim eine gewisse Selbstbestimmung des Pflegebedürftigen zulassen und diesen nicht über ein gewisses Maß hinaus „bevormunden“. Die Privatsphäre der hilfsbedürftigen Person sollte unbedingt beachtet werden. Mit einer sicherlich notwendigen Hausordnung hat dies absolut nichts zu tun.
  2. Biete die Pflegeeinrichtung Programme zur Freizeitgestaltung bzw. zur körperlichen Fitness an?
  3. Wie viele Pflegekräfte versorgen welche Anzahl an Pflegebedürftigen? Auch speziell bei den Nachtdiensten wird hier erheblich an Personal gespart, sodass eine viel zu hohe Zahl Pflegebedürftiger auf eine Nachtwache kommen.
  4. Gibt es ggf. ehrenamtliche Mitarbeiter die sich gerade im Bereich der sozialen Betreuung mit einbringen? In diesem Zusammenhang der Hinweis auf § 87b SGB XI (Pflegebedürftige mit erheblichen Betreuungsbedarf). Bietet die Einrichtung diese Leistung „freiwillig“ (nicht kostenlos)  an?
  5. Werden in der Einrichtung Bewohner mit einem erhöhten Begwegungsdrang medikamentös „ruhig gestellt“ oder ggf. sogar fixiert (Bettgitter oben, Bauchgurte etc.)? Medikamentöse Ruhigstellung ist ggf. daran zu erkennen, dass teilnahmslos wirkende Bewohner zu sehen sind.
  6. Wie steht es um die hauswirtschaftliche Betreuung (Sauberkeit der Bewohnerzimmer, der Flure aber auch der Kleidung von Bewohnern usw.)?
  7. Wie ist die Versorgung mit Mahlzeiten? Kocht die Einrichtung selbst oder erhält sie die Mahlzeiten per Lieferung? Haben die Bewohner eine Auswahlmöglichkeit bei den Mahlzeiten oder gibt es ein „Einheitsessen“?

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Erkundigen Sie sich auch gerne beim MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen), den örtlich zuständigen Stellen oder auch Pflege- bzw. Krankenkassen ob es Probleme in der Einrichtung Ihrer Wahl gibt bzw. in letzter Zeit gegeben hat. Eine schriftliche Auskunft ist von Fall zu Fall besser als eine mündliche. Am Telefon kann man gar viel erzählen…

Leider muss man auch sagen, dass viele Dinge erst ans Tageslicht kommen wenn der Pflegebedürftige bereits im jeweiligen Heim eingezogen ist. Bei einer Besichtigung vorab besteht für Besucher nicht immer ausreichend die Gelegenheit alle Abläufe zu „begutachten“. Leider verhält es sich auch so, dass einige Pflegeeinrichtungen viel im Vorfeld versprechen und sich später dann nicht daran halten.

Fazit

Die Auswahl eines Pflegeheims entspricht gewissermaßen einer Auswahl der zukünftigen Lebenssituation des Pflegebedürftigen und sollte somit sehr streng genommen werden.

Hinterfragen Sie alles was Sie wissen möchten bzw. was Ihnen persönlich wichtig wäre wenn Sie selbst dort einziehen müssten. Scheuen Sie keine Form von Fragen und überdenken Sie bei Zweifeln die Auswahl des Pflegeheims noch einmal.

Seien Sie auch nach Einzug des Pflegebedürftigen sehr wachsam und gehen bitte nicht pauschal davon aus, dass auch zukünftig alles in Ordnung sein muss was anfänglich geklappt hatte. Bedenken Sie stets, Ihr Angehöriger ist u.U. darauf angewiesen dass Sie reagieren weil er es selbst nicht mehr kann oder ggf. auch Angst hat etwas negatives zu sagen.

Die Auswahl eines Pflegeheims ist nicht wie ein Autokauf, denn hier geht es um Menschen und vor allem deren Würde.

Pflegenoten

Pflegeheime wie auch Pflegedienste werden hierzulande mit einer Systematik benotet die dem Schulnotensystem sehr ähnlich ist. Ähnlich deswegen, da die Noten nur von 1,0 bis 5,0 reichen. Pflegenoten die über einem „mangelhaft“ liegen gibt es nicht. Alleine schon an dieser Stelle darf die Frage nach dem Warum gestellt werden.

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Was fließt in die Pflegenoten mit ein?

Um zu einer Gesamtnote in der stationären Pflege zu gelangen werden derzeit etwas über 60 Einzelkriterien zusammengefasst. Hierzu gehören die Pflege im allgemeinen sowie auch die medizinische Versorgung der Pflegebedürftigen. Weiterhin werden die Punkte Hygiene, Wohnsituation, hauswirtschaftliche Versorgung sowie die soziale Betreuung auf deren Qualität hin begutachtet.

Bewohner die an Demenz leiden und eine besondere Versorgung benötigen werden in einem eigenen Bewertungsblock betrachtet.

Als ein absolutes Unding ist es anzusehen, dass die Befragung der Bewohner selbst zwar stattfindet allerdings nicht in die Gesamtnote mit einfließt. 

Das Ergebnis dieser Befragung wird nur separat ausgewiesen. Somit steht einem exakten und aussagekräftigen Gesamtergebnis ein ganz wichtiger Punkt nicht zur Verfügung – die Zufriedenheit derer die sich mit der gebotenen Pflegequalität „zufrieden“ geben müssen.

Ein solches Bewertungssystem ist für mich nicht ernst zu nehmen da nicht vollständig. Das wäre als würde die mündliche Prüfung in Schulen zwar durchgeführt jedoch nicht zur Gesamtnote mit hinzugerechnet. Befürchten die „Macher der Pflegenoten“ etwa eine rapide Verschlechterung der Pflegenoten wenn die Beurteilung der Pflegebedürftigen mit zur Beurteilung verwendet werden?

Die Realität in der Pflege spricht eine andere Sprache

Ich spreche nicht davon, dass die Pflegenoten abgeschafft werden müssen, sie sind ein wichtiger Bestandteil der Beurteilung einer Pflegeeinrichtung solange sie richtig angewandt werden. In der derzeit angewandten Form kommt hier allerdings ein sehr unvollständiges Bild zustande mit dem sich dann selbst die schwarzen Schafe der Branche noch rühmen anstatt ausgesondert zu werden.

Ein Ruhm der ganz eindeutig zu Lasten der Menschenwürde in der Betreuung geht. Der GKV-Spitzenverband wie auch die zuständige Aufsichtsbehörde in Form des Gesundheitsministeriums sollten sich hierzu einmal ernsthaft die Frage stellen ob es Sinn macht Noten für Pflegeeinrichtungen zu vergeben denen es doch entscheidend an Aussagekraft fehlt.

Sowohl stationäre Einrichtungen wie auch ambulante Pflegedienste bei denen Pflegenoten schlechter als eine Fünf verhängt werden müssten gibt es durchaus wie uns entsprechende Zeitungsberichte in fast regelmäßigen Abständen zeigen.

Gegen eine nichtssagende Bewertung von Pflegeheimen

Unterschriften gegen PflegenotenFür Pflegenoten wie sie aktuell vergeben werden ist kein Platz in unserer Gesellschaft, sie schaden mehr als dass sie uns nützen würden da der Mittelpunkt des Ganzen – der Mensch – völlig unberücksichtigt bleibt. Unterschreiben Sie deswegen das Moratorium Pflegenoten von Franz Stoffer und Thomas Klie und stimmen Sie dabei für ein „Ja“ zur Abschaffung.

Wir sind es unseren alten, kranken und hilfsbedürftigen Mitmenschen schuldig hier und heute tätig zu werden. Schon morgen können auch wir uns in dieser Situation befinden in ein Pflegeheim zu müssen, ein Aufschub ist deswegen sinnlos vergeudete Zeit die wir ggf. nicht haben.

 

Im Aufbau

Menschenwürdige-Betreuung.de ist noch im Aufbau und verfügt derzeit noch nicht über die große Vielzahl an Artikeln zu diesem durchaus brisanten Thema wie es ein paar wenige andere Seiten tun. Alles braucht eben seine Zeit zu wachsen, so auch dieses Projekt.

Im Leitgedanken zu dieser Webseite können Sie die Beweggründe nachlesen wie es zu diesem Webauftritt gekommen ist und warum ich ihn für sehr wichtig erachte.

Die Pflege ist ein Bereich der uns alle angeht, ob als Betroffene oder auch Angehörige. Selbst wer heute daran noch keinen Gedanken verschwendet sollte auch an die Zukunft denken, es gibt viel zu tun, es wird aber leider nicht von heute auf morgen zu verwirklichen sein.

Wenn Sie Interesse an dieser Thematik haben – und diese setze ich voraus, sonst wären Sie nicht hier gelandet – dann empfehle ich Ihnen den RSS-Feed der Seite zu abonnieren um stets auf dem Laufenden zu bleiben was hier geschieht.

Wenn Sie zu dem einen oder anderen Artikel einen Kommentar abgeben möchten ist dies jederzeit willkommen. Diskussion ist ein wichtiger Punkt bei Veränderungen, hier kann man im kleinen schon mal anfangen. Zusammen können wir es schaffen die Pflegesituation in Deutschland deutlich zu verbessern.

Vielen Dank für Ihr Interesse.